Das Berlinbild in Judith Hermanns "Sommerhaus, später"
 
Judith Hermanns Kurzgeschichten dieses Buches spielen meist in Berlin.
Ihre Hauptfiguren tragen eine tiefe Sehnsucht nach Leben in sich, nach etwas Wahrem, das die Oberflächlichkeit dieser Welt hinter sich läßt. Diese Suche nach Essentiellem führt zu einer Melancholie, die die Charaktere und ihr Handeln durchdringt. Obwohl die meisten von ihnen in Berlin - umgeben von vielen Menschen - leben, scheinen sie gefangen zu sein in ihrer eigenen Isolation und dem Kampf des Alltags.
Ihre Charaktere sind so durchschnittlich, daß man nicht das Bild eines speziellen Berlin - Typus ausmachen kann.
Vermutlich gibt es für Judith Hermann nicht den "typischen Berliner", sondern vielmehr den Menschen an sich.
Das Berlinbild ist meiner Meinung nach das Bild einer Großstadt in der westlichen Welt, in der Menschen nahe beieinander leben, aber in der es einem auch relativ egal ist, wer der Nachbar sein könnte. Die Grundbedürfnisse dieser Menschen sind gestillt, das "wesentliche" fehlt jedoch. Ob diese Stadt nun Berlin, New York oder auch anders heißt, ist dabei egal, denn der Mensch selbst ist mit seiner Sehnsucht nach einem Sinn und etwas Beständigem derselbe.

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